Mit Herz und Hand (Neuseeland 2005)

Buch & Regie: Roger Donaldson

Regisseur, Produzent und Autor Roger Donaldson kennt das Geschäft. Er hat Actionfilme wie The Getaway (USA 1994), Dante’s Peak (USA 1997) und Der Einsatz (USA 2003), aber auch das viel beachtete politische Drama über John F. Kennedy Thirteen Days (USA 2000) gemacht. Bereits 1971 hatte er Burt Monroe, einem von der Geschwindigkeit faszinierten Mann aus Neuseeland, der seit den 1960er Jahren einen Geschwindigkeitsrekord mit einem 1000 Kubikzentimeter Motorrad hält, eine TV-Dokumentation gewidmet. Jetzt hat Donaldson sein Thema von damals wieder aufgegriffen und einen Film gedreht, der inhaltlich in einer Art und Weise gegen den Strom der Zeit schwimmt, dass man ihn fast eine „Neuerfindung“ nennen möchte.

Die Geschichte erzählt von dem alten Burt Monroe, der in einem Schuppen in Neuseeland ein vierzig Jahre altes Motorrad umbaut und sich damit gegen alle Warnungen und Bedenken auf den Weg in die USA macht, um auf einem ausgetrockneten Salzsee an einem Geschwindigkeitsmessen teilzunehmen. Als er mit der Klapperkiste schließlich den Weltrekord in seiner Klasse von 320 Stundenkilometer bricht, reckt er nicht in der üblichen Manier triumphierend die Faust oder den Daumen empor, sondern lächelt charmant und geht wieder an die Arbeit, um noch schneller zu werden.

Das Ungewöhnliche an dem Film ist, dass Monroe auf seiner Reise immer wieder auf Menschen trifft, die er mit seinem Charme und seiner positiven Einstellung für sich einzunehmen versteht, so dass sie ihm aus voller Überzeugung dabei helfen, sein Ziel zu erreichen. Nur Leute, die ihn nicht näher kennen lernen, wie z.B. ein Taxifahrer in Los Angeles, hauen den gutmütigen Mann übers Ohr. Die anderen stehen ihm zur Seite und helfen ihm, seinen Traum zu verwirklichen. Eine solch lange Reihe von hilfreichen Begegnungen hat man im Kino noch nie gesehen. Und sie wäre wohl auch unerträglich, wenn Donaldson seinem Helden nicht doch einen Antagonisten entgegengestellt hätte. Allerdings nicht, wie üblich, eine irgendwie niederträchtige Figur! Es sind das kranke Herz des Alten und das klapprige, so gar nicht blitzende und funkelnde Motorrad, die alle Befürchtungen über das Scheitern von Monroes Plan auf sich ziehen.

Der Film lässt die Macht des Seelischen gegen die Vorherrschaft des Materiellen antreten. Er setzt die Kraft der menschlichen Obsession und des zwischenmenschlichen Zusammenhalts gegen den Zerfall der Dinge. Das ist neu. Denn in aller Regel kämpfen im Kino unterschiedliche, menschliche Lebensbilder gegeneinander, gilt der Grundsatz „homo hominem lupus“. Vielleicht beobachten wir mit diesem Film das Entstehen einer neuen Erlebnisrichtung im Kino.

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